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Gesellschaft Mensch und Natur (GMN) Rheinland-Pfalz e.V.

Stellungsnahme zur
Pflanzung von großen Bäumen

Im Rahmen unserer Naturschutztätigkeit haben wir eine Vielzahl von Bäumen, im wesentlichen Obstbaumhochstämme (ca. 1.500 St.) gepflanzt. Diese waren aus einer anerkannten Baumschule und es handelt sich um Ware mit dem Kürzel HST StU 8-10, 2xv, o.B.
Bedeutet Hochstamm, erste Verzweigung 1,8 m über dem Boden, Stammumfang, gemessen in 1 m Höhe zwischen 8 bis 10 cm, 2 mal verpflanzt, ohne Ballen.

Warum führen wir dies hier auf ?

Im Rahmen von Ausgleichmaßnahmen, Straßenneubauten oder sonstigen Anpflanzungen der Öffentlichen Hand, aber auch vermehrt in Privatgärten werden immer größere Bäume verpflanzt.
Dies halten wir für eine unnötige Geldverschwendung, da diese Bäume meistens nur grün werden, d.h. Blätter, aber keine Sprosse austreiben.

Warum ist dies so ?

"Einen alten Baum verpflanzt man nicht" ist ein altbekanntes und auch bewährtes Sprichwort. Jeder Baum und Strauch erleidet durch die Verpflanzung Streß sei es, daß Wurzeln beim Ausgraben geschädigt werden oder daß der neue Standort verschiedene Ausgangsbedingungen (Wasser, Nährstoffe, Bodensubstrat) besitzt.
Daraus folgert, daß je jünger ein Baum ist, desto besser "verkraftet" er diesen Wechsel, d.h. je nach Baumart werden die Wurzeln angeschnitten, damit diese wieder besser austreiben und einen Kronenrückschnitt vorgenommen.
Hierdurch stimmt das Verhältnis zwischen ausgegrabenen Wurzeln und Krone.
Durch eine entsprechende Pflege, d.h. 30 l pro Baum alle 10 Tage während der Vegetationsperiode zwischen März und November, unabhängig vom Niederschlag (da die Niederschläge meistens zu niedrig sind, um den Baum ausreichend zu wässern), werden die Bäume gegossen.
Hierdurch hat ein gut gepflegter neugepflanzter Laubbaum mind. 20 cm, optimal 40 cm Zuwachs der einzelnen Triebe, bereits im ersten Jahr. In der darauffolgenden Vegetationsperiode wird der Baum nicht mehr gegossen. (Wird er gegossen, so entwickeln sich seine Wurzeln nicht in die Tiefe, sondern verbleiben in Oberflächennähe, weil hier ja immer neues Wasser "kommt").
Wird der Baum dann nicht mehr gegossen, so können seinen Wurzeln schneller vertrocknen, da sie sich in Oberflächennähe befinden.
So hat ein neugepflanzter kleinerer Baum bereits in wenigen Jahren einen deutlich größer gepflanzten Baum eingeholt und sein Wachstum ist deutlich vitaler.
Ein größer Baum hingegen kann den Verpflanzungsstreß weniger gut verkaften und in der Regel treibt er nur aus seinen Reserven heraus grüne Blätter, aber keine neuen Triebe. Teilweise kann er den Streß überhaupt nicht überwinden und stirbt ab.


Warum werden also größere Bäume verpflanzt?

Die Öffentliche Hand verpflanzt größere Bäume, weil sie auf kleinstmöglichem Raum den größtmöglichen Ausgleich schaffen will.
Sprich, sie hat vorher durch Erschließungsmaßnahmen landespflegerisch relevante Flächen vernichtet und muß diese ausgleichen, d.h. für die Natur einen Ersatz schaffen.
Je größer angepflanzte Bäume sind, desto höher ist ihr "Ausgleichswert".
Je größer also ein Baum ist, desto weniger Bäume müssen gepflanzt werden, bzw. desto kleiner muß die Fläche gewählt werden, da diese ebenfalls als Ausgleich herangezogen wird.
Gleichzeitig verlangt die Bevölkerung möglichst schnell große Bäume, die Flächen oder Verkehrswege eingrünen sollen.
Es soll bereits im 1. Jahr ein kompletter Wald entstehen.

Warum haben diese großen Bäume einen Ballen?

Größere Bäume benötigen einen Ballen (d.h. einen Jute und/oder Drahtballen, damit das Erdreich nicht von den Feinwurzeln abfällt und diese abreißt). Dieser Ballen muß aufwendig hergestellt werden, damit er auch wirklich seine Funktion erfüllt.

Warum sind diese großen Bäume so teuer?

Neben dem Ballieren, dem aufwendigeren Verpflanzen, wozu man tw. auch Spezialgeräte benötigt, dem höheren Alter (d.h. insgesamt höhere Pflegekosten), muß auch die ausführende Firma das höhere Risiko mit einkalkulieren, daß diese älteren Bäume weniger gut anwachsen und die Ausfallquote höher ist. Deshalb sind diese Bäume unverhältnismäßig teuer.

Warum wollen Privatleute große Bäume?

In der heutigen Zeit, wo Neubauten innerhalb weniger Monate fertiggestellt werden, meint der Mensch auch die Natur sich in dem Maße anpassen zu können, daß direkt nach Abzug der Baummaschinen ein neuer Wald auf seinem Grundstück stehen muß.
Dieser neue Wald ist jedoch selbst bei intensiver Pflege nur wenig schneller, als seinen "kleineren Kollegen", zudem stellt sich die Frage, ob nicht auch das Wachstum als solches spannend ist und nicht nur der Endzustand.

Was kann der einzelne tun?

Bei Ausgleichmaßnahmen oder ähnlichen Anpflanzungen empfiehlt sich kleinere Bäume zu pflanzen, da diese deutlich kostengünstiger sind und auch besser anwachsen und somit auf die Dauer von ca. 5 Jahren größere Bäume überwachsen haben. Zudem sind Nachpflanzungen nach der Gewährleistungsdauer ebenfalls deutlich günstiger, als bei Großbäumen.
Beobachten Sie einfach mal den jährlichen Zuwachs bei kleineren und bei größeren Pflanzungen und Sie werden feststellen, daß kleinere Bäume hier deutlich schneller sind.
Wenn Sie wirklich einen Ausgleich erreichen wollen, so pflanzen Sie lieber weniger (siehe auch unsere Stellungnahme zum Thema Anpflanzungen allgemein) und nutzen das Geld für den Ankauf weiterer Flächen, die für die Landespflege und die Naherholung zur Verfügung stehen.
Überlegen Sie sich im Voraus, ob Sie auf Ihrer Privatfläche nicht mehr Zeit nutzen wollen, damit sich Gehölze etablieren können. Zudem muß immer damit gerechnet werden, daß größere Bäume auch schnell zu groß sind und wieder beseitigt werden müssen.

Klären Sie bitte alle Beteiligten auf, damit diese unnötige Geldverschwendung ein Ende hat.